Der Labyrinthführer
Über das Stück
Das Werk erzählt von der leisen, einsamen Arbeit eines Labyrinthführers, von seinem Beruf, der bar jeder Spezialisierung alle anderen Berufe in Frage stellt. Ohne erkennbare Arbeitgeber, mit Zeit als einziger Belohnung ist der Labyrinthführer ein Phantom in der Leistungsgesellschaft. Unsichtbar für Überwachungskameras, unfassbar durch die Ämter. Umso mehr, da die Existenz seines Arbeitsplatzes, des Labyrinths, vehement verneint wird.
„Der Labyrinthführer“ wurde 2009/10 geschrieben und Ende 2010 in den Hallen der Rottstr. 5 (die damals noch der Maler Manfred Duch mietete) in einer szenischen Lesung mit Maria Wolf und Steffen Reuber zum ersten Mal einem Publikum präsentiert. 2013 wurde das Poem im Theater der Gezeiten (damals noch Antoniusstrasse, unter der Leitung von Benno Boudgoust) mit Giampiero Piria, Peter Dieling und Asli Bulat inszeniert.
2020 übernimmt Oliver Möller (parallel in „Drei Mal Leben“, Schauspielhaus Bochum, zu sehen) die Labyrinthführung.
Text, Inszenierung: Witek Danielczok
Aus dem Text
Ich sammle meine Rente
Indem ich mich selbst kasteie
In Räumen
Wo ich nichts zu suchen habe
Der kameraüberwachte Raum mit einem Geldautomaten
Gehört dazu
Hier bin ich ein Heuchler vor Gott
Hier stehe ich vor seinem Altar
Und habe ihm doch keine Opfer dargebracht
Ich habe nicht wie die anderen
Ihm riesige Parzellen
Meiner Lebenszeit geopfert
Nicht die Biegsamkeit meines Körpers
Bis zu chronischen Rückenschmerzen
Nicht mein Familienleben
Ich habe nicht die Poesie aus meinem Herzen verbannt
Was ein unvergleichliches Opfer gewesen wäre
Wie soll ich mich bitte schön da verhalten?
Wie einfügen in das Verhalten der anderen?
O Gott, wenn es nur erlaubt wäre
Ich würde hier drei Zigaretten in zwei Minuten rauchen
Um nur ein bisschen meiner Gesundheit zu opfern
Und wäre es nicht zu blöd
Ich würde auf der Stelle
Hundert Liegestütze machen
Oder meine Pulsadern öffnen
Und das Blut auf den Altar mit den Knöpfen
Träufeln lassen
Indem ich mich selbst kasteie
In Räumen
Wo ich nichts zu suchen habe
Der kameraüberwachte Raum mit einem Geldautomaten
Gehört dazu
Hier bin ich ein Heuchler vor Gott
Hier stehe ich vor seinem Altar
Und habe ihm doch keine Opfer dargebracht
Ich habe nicht wie die anderen
Ihm riesige Parzellen
Meiner Lebenszeit geopfert
Nicht die Biegsamkeit meines Körpers
Bis zu chronischen Rückenschmerzen
Nicht mein Familienleben
Ich habe nicht die Poesie aus meinem Herzen verbannt
Was ein unvergleichliches Opfer gewesen wäre
Wie soll ich mich bitte schön da verhalten?
Wie einfügen in das Verhalten der anderen?
O Gott, wenn es nur erlaubt wäre
Ich würde hier drei Zigaretten in zwei Minuten rauchen
Um nur ein bisschen meiner Gesundheit zu opfern
Und wäre es nicht zu blöd
Ich würde auf der Stelle
Hundert Liegestütze machen
Oder meine Pulsadern öffnen
Und das Blut auf den Altar mit den Knöpfen
Träufeln lassen
Veröffentlichung
Ab 2020 veröffentlichen wir Bücher mit Texten, denen das Zeitmaultheater seine Existenz verdankt. Diese Texte, und die darauf aufgebauten Inszenierungen, sind der Kern dieses Theaters und haben es durch Jahre als Autorentheater etabliert. Geschrieben hat sie der Gründer und Leiter des Zeitmauls Witek Danielczok (zuletzt „Ein Abend im Sommer“). Jedes dieser kleinen Bücher wird in einer szenischen Lesung, Performance oder Inszenierung vorgestellt und kann nur im Zeitmaul erworben werden.
Den Anfang macht „Der Labyrinthführer“.
Buchgestaltung: Jana Jeworreck
Grafik: Kasia/Tomek Kolenda